Schwärme locken mit Schwarmlockbeuten

Sebastian und Johanna • Apr. 02, 2022

Nicht fangen, sondern locken

Jede Schwarmsaison geschieht es: Ob beim Imkern mit natürlichem Schwarmtrieb oder in der konventionellen Imkerei, Schwärme gehen ab und man bemerkt sie gar nicht, kommt zu spät oder der Schwarm setzt sich an eine unzugängliche Stelle und kann nicht eingefangen werden. Was dann? Der Schwarm zieht irgendwann von dannen, sobald die Kundschafterinnen eine geeignete Behausung gefunden haben. Oftmals ist das Ergebnis, dass das Volk den kommenden Winter in zunehmend trachtarmen Gegenden aufgrund von Futtermangel oder Varroabefall ohne imkerliche Betreuung nicht überlebt. Was also tun?

Mit Schwarmlockbeuten sollten Imker entkommene Schwärme anlocken, sodass ich sie sie in ihre Obhut nehmen und gut betreuen können. Für uns Imkernde und für die Bienen ein Gewinn!

Vorbereitungen und was es zu beachten gilt

Das Anlocken von Bienenschwärmen wurde vor allem in den USA von Prof. Thomas D. Seeley, Dr. Leo Sharashkin und anderen eingehend untersucht und ausgewertet. Die Erfolgskriterien lassen sich auch auf unsere Bedingungen in Mitteleuropa übertragen.

1.Die optimale Schwarmlockbeute

Die Untersuchungen von Seeley und viele Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass Bienenschwärme bestimmte Ansprüche an ihre Behausung haben und eher diejenigen Beuten bzw. Hohlräume auswählen, die ihren Bedürfnissen am ehesten entsprechen.

Die Kundschafterinnen eines Schwarms beginnen bereits vor dem Schwärmen auszufliegen und nach einer geeigneten "Höhle" zu suchen. Sie fliegen Bäume und Gebäude ab und wenn sie einen Hohlraum finden, inspizieren sie ihn von innen und von außen auf Volumen, Trockenheit, Dichtigkeit, Schattigkeit des Standortes und Duft des Innenraums. Was gefällt den Bienen am besten?

a) Volumen

Eine geeignete Behausung sollte nicht zu groß und nicht zu klein sein. Seeleys Untersuchungen ergaben, dass Schwärme, die drei verschiedene Größen zur Auswahl hatten, in der Regel die 40 Liter-Box wählten. Dazu sei gesagt, dass Seeley erstens Naturschwärme und deren Behausungen in seiner Umgebung erfasst hat und zweitens seine Experimente mit (eher kleinen) Kustschwärmen durchgeführt hat. Für Naturschwärme von großen "Wirtschaftsvölkern", wie wir sie hierzulande oft haben, ist 40 Liter eher klein. Ich würde daher ein Volumen zwischen 45 und max 60 Litern für eine Schwarmlockbeute empfehlen.

b) Flugloch

Die Form des Eingangs (ob rund oder eckig) spielt laut Seeley keine Rolle bei der Auswahl der Behausung. Auf Ihrer Suche können die Kundschafterbienen ihren Seh- und Geruchsinn nutzen und sehr wahrscheinlich suchen sie nach Löchern bzw. Öffnungen und nicht nach Beuten. Ast- oder Spechtlöcher in Bäumen bzw. runde Fluglöcher an Bienekästen sind weithin sichtbar, deutlich besser als Fluglochschlitze. Mir ist dazu zwar keine Untersuchung bekannt, aber ich würde auf jeden Fall ein rundes Flugloch machen und die Lockbeute so aufstellen, dass das Flugloch gut sichtbar ist. Will man kein anderes Tier in die trockene und gemütliche Behausung locken, muss man das Loch für Vögel und kleine Säuger unzugänglich machen, indem man beispielsweise zwei Nägel über Kreuz im Flugloch anbringt.

Laut Seeley bevorzugen Bienenschwärme bei der Wahl ihrer Behausung ein Flugloch auf Bodenniveau (das hat wohl Vorteile bei der Regulation des Beutenklimas und Gemüll raustragen ist einfacher).

Zur idealen Fluglochgröße gibt es viele verschiedene Quellen. Das Bienenvolk muss sich gut verteidigen können, über das Flugloch das Klima regulieren und gegen die Witterung geschütz sein. Ein Flugloch welches den Bienen bei der Suche nach einer neuen Behausung zusagt sollte wohl nicht größer als 12cm² sein und mindestens 6cm².

c) Materialbeschaffenheit

Aus welchem Holz bzw. Material die Lockbeute besteht, spielt keine Rolle. Bienenvölker besiedeln in der Natur Höhlen in unterschiedlichen Baumarten und Felshöhlen. In bewohnten Gebieten besiedeln Schwärme Hohlräumen in Gebäuden, Containern, alten Kühschränken usw.. Bienen scheinen allerdings ganz neu hergestellte Kisten die frisch nach Holz, Leim, Farbe etc. riechen, unattraktiv zu finden. Die Attraktivität einer Lockbeute kann durch Gerüche erhöht werden, siehe unten. Je öfter eine Schwarmlockbeute schon erfolgreich besiedelt war, desto attraktiver scheint sie für einen Schwarm, denn Bienen gehen gerne dorthin, wo bereits Bienen gewohnt haben, vermutlich weil es dort nach Bienen riecht, evtl. auch weil der Ort gut zu finden ist, oder weil dort schon Waben vorhanden sind.


2. Geeignete Lockstoffe

Wo Bienen gelebt haben, duftet es nach Bienen, bzw. einer nicht mehr bewohnten Bienenwohnung. Der Geruch nach Brutwaben, Wachs, Propolis, evtl. Wachsmotten, tote Bienen usw., lockt Kundschafterbienen an. Alte bzw. bereits bebrütete Waben sind vermutlich das beste Lockmittel. Hierzulande wird vehement davon abgeraten, weil sie Krankheitserreger enthalten und weitergeben könnten - das will natürlich niemand. Deshalb Waben aus kranken Völkern, oder unbekannter Herkunft auf keinen Fall als Lockmittel verwenden! Wenn die Waben aus der eigenen Imkerei sind und ich genau weiß, dass sie von gesunden Völkern sind, ist meiner Meinung nach nichts dagegen einzuwenden (jeder Imker nutzt bebrütete Waben in seiner Imkerei). Alternativ kann man eine Schwarmlockbeute mit handwarm gemachtem Propolis einreiben. In amerikanischen Anleitungen liest man von der Möglichkeit, alte Waben für 48 Stunden ins Gefrierfach zu legen, um Erreger abzutöten, oder Proben ins Labor zu schicken, um die Erregerlast zu untersuchen - sehr aufwändig.

Man kann die Brutwaben auch so platzieren, dass die Bienen sie nicht erreichen können, z.B. hinter einem Gitter.

Geht man vom natürlichen Kreislauf in der Natur aus, so werden verlassene Wabenwerke in Bienenhöhlen von der Wachsmotte verwertet. Hat sie „aufgeräumt“, ist die Behausung wieder frei für ein neues Volk. Vermutlich finden Kundschafterinnen also auch Wachsmottenduft attraktiv. Inzwischen gibt es findige Ideen auf Youtube, wie man den Duft alter Brutwaben mit Wachsmottengespinst herstellen und für die Bienen unzugänglich in der Lockbeute platzieren kann, sodass der Duft verströmt, die Übertragung von Krankheiten aber definitiv ausgeschlossen ist. 

Dann gibt es noch die Theorie vom künstlichen Königinnen-Pheromon als Lockmittel (findet man bei vielen Imkerbedarf-Händlern). Meine Bienen haben sich nie für diese Lockmittel interessiert und ich kenne keinen Bericht, wo das erfolgreich eingesetzt wurde. In den USA schwören manche auf "Swarm Commander“, ein teures Mittelchen..., aber Vorsicht beim Kauf vor Fake-Produkten aus Asien! Sinnvoller erscheint mir Zitronengrasöl, ein natürliches und günstiges Produkt dessen Duft anscheinend Bienen anlockt. Viele erfolgreiche Schwarmfänger nutzen es. Man kann es beispielsweise auf Haushalts-, Taschentücher oder Wattepads tropfen und luftdicht in einem Zip-Beutel verschließen. Ist die Lockbeute platziert, wird die Tüte hinten in die Kiste gelegt und geöffnet, sodass der Duft verströmen kann. Zusätzlich empfiehlt sich, das Flugloch hin und wieder mit Zitronengrasöl einzureiben. Nicht zu viel, sonst riecht es zu intensiv.


3. Kriterien für einen guten Standort

Beim Aufstellen der Lockbeute gibt es ebenfalls einige Punkte zu beachten. Vorab will gut überlegt sein, wie ich die volle und unter Umständen durch Schwarm, Wabenwerk und Vorräte schwer gewordene Kiste später wieder herunterbekomme, ohne Hals und Kragen zu riskieren.

Laut Seeley bevorzugen Bienen einen hohe Standorte, mehr als 5 Meter über dem Boden. Er geht dabei von der Wahl wild lebender Bienenvölker in den Bäumen amerikanischer Wälder aus. In der Praxis hat sich gezeigt, dass auch niedriger platzierte Beuten besiedelt werden: auf Balkonen, an Hauswänden, auf Wiesen, oder am Waldrand. Wichtig ist, dass das Aufstellen und Abbauen der Schwarmkiste nicht zum unmöglichen Unterfangen wird, weil es zu gefährlich, oder nicht möglich ist, in die Höhe zu gelangen. In einigen Youtube-Videos zeigen amerikanische Schwarmfänger, wie sie ihre Lockbeuten etwas über Kopfhöhe, in ca. 2,5 - 3 Metern, aufhängen. Das hat außer der guten Erreichbarkeit den Vorteil, dass man den Flugbetrieb leicht vom Boden aus kontrollieren kann. Standort für eine Lockbeute also zumindest etws erhöht, bis relativ hoch, aber nicht unerreichbar.

Ich würde eine Schwarmlockbeute nicht aufhängen, sondern aufstellen, oder fest fixieren. Eine hängende Kiste schwankt möglicherweise. Bienen sind sehr feinfühlig was Vibration betrifft (z.T. kommunizieren sie über Schwingung auf den Waben) und eine schaukelnde Behausung könnte ihnen womöglich unsicher erscheinen. 

Die Ausrichtung des Flugloches bevorzugen die Bienen nach Süden, aber auch Kisten mit anderer Ausrichtung werden angenommen. Die Entfernung der Lockbeute zu Bienenvölkern spielt keine Rolle, es geht nicht darum den eigenen Schwarm anzulocken (den passt man ab und fängt ihn ein), sondern fremde herrenlose Schwärme. Wenn man mehrere Lockbeuten aufstellen möchte, sollten sie einen Abstand von einigen hundert Metern haben, sonst konkurieren sie miteinander, statt mehr Fläche abzudecken bzw. für mehr Schwärme auffindbar zu sein.

Wichtig ist, dass das Flugloch gut sichtbar ist, damit die Kundschafterinnen auf das dunkle Eingangsloch aufmerksam werden (siehe oben). Bienen orientieren sich an Linien wie Straßen, Gebäuden und anderen auffallenden Marken in der Landschaft. Geeignete Plätze sind deshalb zum Beispiel Waldränder, Häuserreihen am Ortsrand, alleinstehende große Bäume und Gebäude, Wegränder usw. Die Bienen achten vermutlich auch darauf, dass die neue Behausung nicht in der prallen Sonne, sondern schattig (aber nicht kalt) und windgeschütz steht und dass Wasser in der Nähe zu finden ist.

Nicht zuletzt ist beim Aufstellen der Lockbeute natürlich zu bedenken, dass dies in Absprache mit den Besitzern des Grundstückes geschieht und die Beute bestenfalls als Schwarmlockbeute für Bienenschwärme gekennzeichnet ist. So ist klar, dass es sich nicht um eine verwahrloste Beute handelt, von der möglicherweise die Gefahr der Krankheitsübertragung ausgehen könnte. 


4. Ein Schwarm ist drin! Was tun?

Ist die Schwarmlockbeute platziert, empfiehlt sich ein regelmäßiger Besuch, um zu  sehen ob Bienen eingezogen sind. Dr. Leo Sharashkin beschreibt die Zeit des Wartens auf den Schwarmeinzug wie das Gefühl, mit hohem Einsatz bei einer Lotterie mitzuspielen :)

Werden Bienen am Flugloch der Lockbeute gesehen, ist das ein gutes Zeichen, kann aber Unterschiedliches bedeuten.

Kommen Bienen mit vollbeladenen Pollenhöschen angeflogen und verschwinden in der Kiste, ist der Fall klar: Ein Volk ist bereits eingezogen. Vorsichtshalber kann vor dem Transport der Kiste in der Dunkelheit nochmal an die Beutenwand geklopft werden. Ist ein rauschendes Summen zu hören, war die Beobachtung richtig: der Schwarm ist drin.

Sind um die Lockbeute herum und an deren Eingang einige Bienen zu beobachten, die immer wieder hinein- und herausfliegen, die Beute mit dem Kopf voran „besichtigen“ und hin und wieder ihre Köpfe dagegenstoßen, handelt es sich um Kundschafterbienen, die die Beute inspizieren. Sie haben keinen Pollen dabei. Die Zahl der Kundschafterbienen kann variieren, es können ein oder mehrere Dutzend sein.

Sind Kundschafterinnen zugange, bedeutet das, der Schwarm könnte bald einziehen. Dann ist ein Wiederkommen in ein paar Tagen angesagt. Trotz inspizierender Suchbienen kann es natürlich sein, dass kein Schwarm einzieht.

Wenn man großes Glück hat und zum perfekten Zeitpunkt kommt, befindet sich beim Kontrollgang eine Art Bienenbart oder ein massiger Haufen Bienen an der Beute und man kann den Einzug eines Schwarms beobachten. Glückwunsch, wer das erleben darf!

Ist ein Schwarm in die Lockbeute eingezogen, kann er in der Dunkelheit, wenn alle Bienen in der Beute sind an den gewünschten Standort geholt werden bzw. kommt in Kellerhaft bis zum nächsten Tag - wie wenn man einen Schwarm in einer Schwarmfangkiste hat. Bemerkt man den Einzug des Schwarmes erst nachdem er einige Tage in der Lockbeute wohnt, muss man sehr vorsichtig beim Transport sein, weil neu gebauten Waben leicht abbrechen.


5. Anpassungen an die Bienenkiste

Der angelockte Bienenschwarm soll anschließend eine Beute beziehen. So lange er noch keine Waben gebaut hat, geht das problemlos. Damit man den Schwarm auch in einen Bienenkiste umsiedeln kann, falls er schon Waben gebaut hat (evtl. kann man die Lockbeute nicht jeden Tag kontrollieren) habe ich Lockbeuten gebaut, die mit den Bienenkiste-Brutraumwabenleisten bestückt ist. So kann man das Volk mitsamt den bereits gebauten Waben, Brut und Vorräten in die Bienenkiste umsetzen.


6. Risiken, Rechtliches

Dass man sich durch einen angelockten Schwarm Krankheiten an den eigenen Bienenstand holt, ist unwahrscheinlich. Naturschwärme haben wenig Varroamilben (die meisten Milben bleiben in der Brut des Muttervolkes zurück), sie haben keine Brutkrankheiten und sie sind sehr vital und motiviert Waben zu bauen. Ein Naturschwarm, welcher selbst seine Waben baut, macht von Natur aus das, was man macht um Bienenvölker von der Amerikanischen Faulbrut zu sanieren.

Manche interpretieren die Bienenseuchenverordnung falsch und sind der Meinung, Schwarmlockbeuten seien nicht erlaubt. Dabei wird auf die Bienenseuchenverordnung unter "III. Schutzmaßregeln gegen die Amerikanische Faulbrut“, § 6 verwiesen, der lautet: "Von Bienen nicht mehr besetzte Bienenwohnungen sind vom Besitzer der Bienen stets bienendicht verschlossen zu halten".

Eine Schwarmlockbeute ist jedoch keine Beute im Sinne des § 6 dieser Verordnung. Sie ist keine "nicht mehr besetzte Beute" (in welcher zuletzt ein Volk eingegangen ist), sondern eine für eine neues Volk vorbereitete und geputze Beute, wie sie jeder Imker für Ableger und Schwärme verwendet, eine "noch nicht besetzte Beute". Falls ein Schwarm dort einzieht, kommt er in die Obhut von Imkern und die Gefahr, dass er sich wild ansiedelt, mit Amerikanischer Faulbrut infiziert und einen nicht lokalisierbaren Seuchenherd darstellt, ist gebannt. Es ist also eine gute Sache, im Sinne der Vermeidung der Amerikanischen Faulbrut, Schwärme mit Lochbeuten anzulocken. Mit "Schwarmlockbeute", Datum und Tel.Nr. beschriftet ist klar, worum es sich handelt.


7. Wie stehen die Chancen?

Ich hatte vor ein paar Jahren 18 Schwarmlockbeuten aufgestellt und in zwei davon ist ein Schwarm eingezogen. Im folgenden Jahr zog an einem der beiden Standorte wieder ein Schwarm in eine Lockbeute ein.

Ich habe seither nicht mehr systematisch Schwarmlockbeuten aufgestellt, sondern nur vereinzelt, allerdings ohne Erfolg. In einer normalen Schwarmsaison, wenn man gute Plätze für die Lockbeuten findet, könnte ich mir vorstellen, dass zwischen 10 und maximal 20% der Lockbeuten von Schwärmen besiedelt werden. Natürlich müssen Bienenvölker bzw. Schwärme in der Nähe sein, ansonsten passiert nichts.


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